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---> Ich würde die Begriffe nicht derart säuberlich voneinander trennen und bin der Meinung dass in jeder Utopie auch Träumerei mitschwingt, aber das ist nur zweitrangig und bringt uns nur zur Wortklauberei ... ;-)
Für mich gibt es einfach 2 Utopie-Modi, die sich im speziellen Verhältnis vom Subjekt zu ihr stecken. Egal…
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Doch: "ICH bin der Weg, ICH bin die Wahrheit, ICH bin das Leben. Niemand kommt zum Vater als durch MICH". Das ist für meine Begriffe ein Absolutheitsanspruch.
Das ist leicht anders zu sehen: Er lebte das Fundament des Glaubens - wie schon oben geschrieben – die persönliche, existentielle Beziehung zu Gott. Er ist die Personifikation dessen gewesen. Somit wird nicht irgendeine Aussage, Dogma oder ein Ritual verabsolutiert – das ist nicht die Wahrheit, das Leben, so kommt man nicht zu Gott. Es ist die Verabsolutierung des reinen Glaubens für den unverfälschten Glauben, wenn du so willst.
Zitat:
Das ist so nicht richtig. Du kannst die Bibel an jeder beliebigen Stelle aufschlagen und mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Absolutheitsanspruch finden. Warum sonst die Religionskriege des Alten Testaments? Da ist nicht die Spur einer Rede von lediglich subjektiver Mensch-Gott-Beziehung...
Ich redete ja vom Christentum - das heißt, von den Lehren Jesu – damit fällt das AT weg. Das Judentum und sein Ursprung, also das AT, müsste man separat erörtern, wobei ich mich da selber mehr informieren müsste.
Zitat:
Ich halte rein gar nichts von Küng ... ein Wort- und Wahrheitsverdreher wie er im Buche steht ... auf dem Toleranzdampfer unterwegs um die Welt mit einem widerwärtigen Geschwätz zu missionieren das der Zeitgeist geworfen hat ... will dazu auch nicht mehr schreiben ;-)
Für mich ist Küng einer der wenigen engagierten, progressiven in der Institution der katholischen Kirche (einer, der noch zu nennen wäre: Martini).
Ich hatte vor einiger Zeit etwas in seinem „Existiert Gott“ geschmökert und war erstaunt, wie er gerade beim Thema Atheismus erstaunlich neutral schrieb.
Aber mir ist klar, dass wenn du sagst, dass ein Gläubiger seinen Glauben untergraben würde, sobald er solche Toleranz-Zugeständnise in der SACHE macht, kannst du ihn natürlich nur als Heuchler sehen.

Zitat:
In diesem Punkt wird es zwischen uns nur einen Meinungsaustausch aber keine Einigung geben. Kurze Zwischenfrage bevor ich darauf überhaupt näher eingehe: wie reagieren diese aufgeklärten Menschen auf Buddhismus und Animismus? Sehen sie diese Art von "Gläubigen" als "Ungläubige" an?
Keine Ahnung - ich kann sie nicht Bevormunden, aber der Buddhismus sieht sich ja selber weniger als Religion, sondern mehr als kontemplative, spirituelle Lehre.
Beim Animismus bin ich mir ziemlich sicher, dass sie es ähnlich sehen, wie bei den 3 großen Religionen: alles fußt auf der Transzendenz des Ego.
Zitat:
--> Richtig, noch ist es kein Synkretismus aber die ideale Ausgangsposition dafür ist geschaffen, meiner Meinung nach der erste Schritt des Synkretismus, Ansichtssache...
Sehr, sehr unwahrscheinlich – dafür ist der Wunsch der Geborgenheit in der gewohnten kulturellen Umgebung (hier in der kirchlichen Kultur [egal welche] – mit all ihren Ritualen, Eigenheiten etc.) des Menschen viel zu stark ausgeprägt.
Zitat:
--> Ich denke: Lessing. Weil er überhaupt erst die Möglichkeit einer besseren Zukunft in Überlegung stellt. Man spricht nicht umsonst vom "Aufklärungsoptimismus"...
Da muss man differenzieren!
Erstmal nochmal dein ursprüngliches Zitat, damit der Text danach Sinn hat.
-> "Davon abgesehen denke ich nicht dass sich die Menschheit in ihrer geistigen Entwicklung unbedingt fortschreitet ... sie bewegt sich, ja, aber nicht unbedingt nach vorne bzw. oben..."
Dass die Welt nicht immer in eine positive Richtung ging und geht, ist GERADE den Aufklärern bewusst gewesen.
Sie waren die, die als erste gesehen haben, zu welcher Fehlentwicklungen es über die Jahrhunderte kam. Sie waren die, die erkannt haben, wie sich Konservative an der Macht festgesetzt haben und Ressentiments aufbauten und schürten. Sie sahen, dass NICHT jede Überwindung einer Staatsform notwendigerweise in ein besseres System kulminieren muss(te). Nicht zuletzt erkannte Kant, wie die Menschheit in den letzten Jahrhunderten in die selbstverschuldete (!) Unmündigkeit abgerutscht war.
Mit Aufklärungsoptimismus ist also nicht gemeint, dass die historische Entwicklung ins Positive abzielt – das wäre ein Paradox in sich; wozu müsste es Aufklärung geben, wenn sich Geschichte zwangsläufig ins Gute hin entwirft? Nein, Aufklärungsoptimismus bezieht sich auf eine als anstrebenswerte entworfene Zukunft, die als optimistische Alternative oder auch als einziger Ausweg angesehen wurde, nachdem alte gesellschaftliche Gegebenheiten erkannt und in Angriff genommen wurden. Für Aufklärung bedarf es einer nicht-zielgerichteten Entwicklung in der Dialektik der Historie – wie Sloterdijk schreibt: „Aufklärung war immer schon Enttäuschung im positiven Sinn..."
Zitat:
--> Ich wage zu behaupten: ebenso wie es eine materielle, allgemeingültige Wahrheit gibt gibt es eine geistige, transzendente Wahrheit. Ich kenne die Philosophen die versuchen alles in Nichts aufzulösen aber alles worauf sie stoßen ist DAS große Paradoxon. Es gibt keinen Menschen der diesen Gedanken zu Ende denken konnte und kann. Und dieses Paradoxon ist das Notwendige, sprich endgültige Wahrheit, und das außerhalb des menschlichen Fassungsvermögens!
Warte, warte…. Was meinst du mit einer materiellen Wahrheit? Was meinst du mit einer geistigen Wahrheit?
Zur Thema „Wahrheit“: Ich versuche nichts im Nichts aufzulösen, schließlich bin ich kein Idealist – ich bin nur in dem Punkt der Wahrheit ein strikter Relativist.
Glaube mir, ich bin mir des Paradoxons bewusst, dass das mit sich zieht, nämlich, dass ich damit ja nach außen hin doch eine Wahrheit, nämlich die der absoluten Relativität, konstituiert hätte, die ich über mich als Individuum und meine Zeit setzen würde. Und ja – das löst sich in einen infinitiven Regress, also ein vorbildhaftes Paradox, auf. Das ist das (wie ich auch selber weiß) nicht zufriedenstellende Ende dieses Gedankenganges.
Dem ganzen entgehen kann ich nur, wenn ich nur für mich in meiner Subjektivität bleibe und in ihr Kohärenz für MICH schaffe - nur so komme ich zu einer widerspruchsfreien Philosophie, die ich in Bezug zu mir als Grenzwahrheit setze.
Zitat:
Falsch, zeitlos ist eine Schrift dann, wenn ich sie nicht umformulieren muss.
Zum Glück ist dies nicht so; allein der Sprache wegen ist dies nicht möglich. Sprache ist Symbolik, die Assoziationen erfordert; alleine deswegen ist eine Umformung des ursprünglichen (also die eigene sprachliche Interpretation des Autors), wenn auch nur intuitiv, ständig nötig, unumgänglich. Jedes Stück, dass ich lese, „ver-Ich-e“ ich automatisch. Sprache ist schon mal das schlechteste Beispiel für Zeitlosigkeit.
Ich gebe zu, ich formulierte das falsch, als ich sagte, dass man etwas umformulieren muss – das fordert ja eine bewusste Aktivität.
Ursprünglich wollte ich eigentlich nur sagen, dass keine Schrift zeitlos in dem Sinne ist, dass der Text über der Zeit steht - mit einem Wort: statisch ist - und jeder, egal aus welcher Epoche, dies und das darin sieht, akzentuiert, für denkanregend erkennt etc.; das meinte ich mit umformulieren - habe mich da, wie gesagt, falsch ausgedrückt.
So gesehen ist das ganze für mich weniger Zeitlosigkeit, da seine Faszination und Mannigfaltigkeit ja gerade aus der Zeitspanne entsteht und er mit ihr geht, sondern mehr die Möglichkeit als Text, gut zu altern und sich ständig anders zu enthüllen.
Zitat:
--> Richtig: das menschliche Subjekt kann Wahrheit nicht kreieren und aus sich heraus weitergeben, es kann sie nur formulieren .. deswegen muss es zwingend ein über-menschliches/göttliches Prinzip geben, so zwingend wie der Tod eine Tatsache ist
Hehe, wenn ein Gottesbeweis nur so einfach wäre – ein Thomas von Aquin oder ein Heilige Anselm wären stolz

Sehr wohl kann jedes Subjekt Wahrheiten kreieren – erst durch ihn kommen Wahrheiten zur Welt, nämlich durch den Bezug, den das Subjekt zu der Welt hat, die er durch Entwürfe errichtet.
Bsp.: Wenn ich sage, dass dieser Wald für mich ein schöner Jogginggelegenheit ist, ist das FÜR MICH eine Wahrheit, die ich mit meiner Haltung dem Wald gegenüber konstituiere; um es mal ala Heidegger zu formulieren: die Wald-heit des Waldes kann sich unendlichfach dem Subjekt enthüllen, und all dies ist wahr – jedoch nur im Bezug zu dem Subjekt, dem sich das ganze so und so enthüllt - und für dieses ist es ABSOLUT wahr. Das gilt für jedes dem Bewusstsein antagonistische Sein. Dieser Individualisierung ist es auch unmöglich zu entgehen, da der Mensch Handeln, Entwerfen und damit zur-welt-verbindungsaufbauend, bzw. generell weltaufbauend ist.
Zitat:
--> Gut, Meinungsverschiedenheit ... ich glaube dass es Objektivität mit Substanz gibt, die über bloße Fühlbarkeit und das Illusorische hinaus existiert ... deine Denke klingt mir stark nach Descartes und allen anderen die seinen Faden weitergesponnen haben ...
Würde mich mal interessieren, wie du diese „Objektivität mit Substanz“ begründest.
Klar, von Descartes ist ja jeder, mindistens implizit, beeinflusst, der sich mit „aktueller“ Philo beschäftigt, aber explizit bin ich stark vom Existentialismus und der Phänomenologie des 20. Jahrhunderts geprägt; Heidegger, Jaspers, Sartre, Husserl.