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BeitragVerfasst: 14.10.2004, 18:15 
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habe heute Nathan der Weise zu ende gelesen, ganz nette Story, aber empfehle ich niemanden ausserhalb des Unterrichtes zulesen.


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BeitragVerfasst: 14.10.2004, 18:27 
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Dann ist es ja im den sinne ja kein guter tipp den du rätst ja jeden von dem buch ab...


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BeitragVerfasst: 14.10.2004, 19:02 
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masta-snowman hat geschrieben:
habe heute Nathan der Weise zu ende gelesen, ganz nette Story, aber empfehle ich niemanden ausserhalb des Unterrichtes zulesen.


hatte das auch erst in der schule, hab's dann aber später nochmal privat 1-2 mal gelesen ... sprachlich sicher wunderschön wie so vieles von lessing, aber die aussage des stücks ist ganz übler unsinn ... die ringparabel ist eine aufklärerische schwärmerei, mehr nicht ;)


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BeitragVerfasst: 14.10.2004, 19:24 
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wie so ziemlich alles in der aufklärung, alles ideologie
musste letztens n referat über rousseau halten, meine fresse hat der ne beknackte theorie entwickelt


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BeitragVerfasst: 15.10.2004, 09:18 
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chainsnatcha hat geschrieben:
hatte das auch erst in der schule, hab's dann aber später nochmal privat 1-2 mal gelesen ... sprachlich sicher wunderschön wie so vieles von lessing, aber die aussage des stücks ist ganz übler unsinn ... die ringparabel ist eine aufklärerische schwärmerei, mehr nicht ;)


warum ist denn die Aussage UNSINN? Es ist ein Plädoyer für religiöse und kulturelle Toleranz; und was an der Aussage der Ringparabel "aufklärerische schwärmerei" sein soll, versteh ich auch überhaupt nicht. ;)

xnonamex: wenn du es so sieht - dann ist JEDES (reflektiertes) Handeln von Ideologie getragen.

natürlich, wenn man Rousseaus Werk aus dem historischen Kontext reißt, mag es "beknackt" wirken... aber was bringt das?
Der Kern seiner Ideologiekritik ist undbleibt aktuell und er hat mit "Emile" die Pädagogik so geprägt wie kein anderer - und das mit gutem Grund...


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BeitragVerfasst: 15.10.2004, 10:05 
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TamGui hat geschrieben:
chainsnatcha hat geschrieben:
hatte das auch erst in der schule, hab's dann aber später nochmal privat 1-2 mal gelesen ... sprachlich sicher wunderschön wie so vieles von lessing, aber die aussage des stücks ist ganz übler unsinn ... die ringparabel ist eine aufklärerische schwärmerei, mehr nicht ;)


warum ist denn die Aussage UNSINN? Es ist ein Plädoyer für religiöse und kulturelle Toleranz; und was an der Aussage der Ringparabel "aufklärerische schwärmerei" sein soll, versteh ich auch überhaupt nicht. ;)


Meiner Meinung nach begeht Lessing einen großen Fehler wenn er nicht klar und deutlich zwischen Toleranz in der Sache und Toleranz gegenüber Personen unterscheidet. Ich kann in der Sache völlig intolerant sein und mich dennoch gegenüber Personen die diese Sache vertreten und von ihr überzeugt sind tolerant verhalten und ihnen diese Meinung zugestehen.

Lessing lässt den Absolutheitsanspruch den jede dieser drei Religionen hat komplett unter den Tisch fallen. Jeder wirklich Gläubige ist von der Richtigkeit seiner Sache auf der Ebene einer objektiven Wahrheit überzeugt - Lessing verschiebt das Wahrheitsempfinden auf eine Ebene der Subjektivität und äußert damit einen Standpunkt den nur derjenige haben kann der außerhalb jeder ernsthaften Religiosität steht! Das ist aufklärerische Schwärmerei ...

Ein weiterer inhaltlicher Fehler: die ganze Ringparabel geht davon aus, dass sich sämtliche Glaubensrichtungen nur auf "geschichtliche Wahrheit" berufen und stützen (das genaue Zitat habe ich nicht mehr im Kopf). Hier schlägt der damals gängige Deismus voll durch - und ist dabei in keiner Weise tragbar! Kierkegaard hat das "Problem" der Gleichzeitigkeit bzw. Ungleichzeitigkeit des Gläubigen zur göttlichen Offenbarung in seinen "Philosophischen Brocken" exzellent behandelt... kann ich wirklich nur empfehlen...

Das sind meine wesentlichen Kritikpunkte an diesem Stück und insbesondere der Ringparabel ... ich bleibe dabei: wenn man ein bißchen in die Tiefe geht und hinterfragt entpuppt sich das Ganze schnell als wirklichkeitsfremde Schwärmerei bei der die wesentlichen Probleme schlicht ausgegrenzt werden...


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BeitragVerfasst: 15.10.2004, 11:17 
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chainsnatcha hat geschrieben:
Meiner Meinung nach begeht Lessing einen großen Fehler wenn er nicht klar und deutlich zwischen Toleranz in der Sache und Toleranz gegenüber Personen unterscheidet. Ich kann in der Sache völlig intolerant sein und mich dennoch gegenüber Personen die diese Sache vertreten und von ihr überzeugt sind tolerant verhalten und ihnen diese Meinung zugestehen.

Lessing lässt den Absolutheitsanspruch den jede dieser drei Religionen hat komplett unter den Tisch fallen. Jeder wirklich Gläubige ist von der Richtigkeit seiner Sache auf der Ebene einer objektiven Wahrheit überzeugt - Lessing verschiebt das Wahrheitsempfinden auf eine Ebene der Subjektivität und äußert damit einen Standpunkt den nur derjenige haben kann der außerhalb jeder ernsthaften Religiosität steht! Das ist aufklärerische Schwärmerei ...


Lessing hatte doch nie behauptet der Realität mit der Ringparabel einen Spiegel vorzuhalten - das war nie seine Intention... im Gegensatz zum späteren Realismus (siehe Büchner) hat er mit seinem Drama ein Plädoyer, eine Utopie abgeliefert, nach der es sich zu streben lohnt. Klar kannst du es abwertend "Schwärmerei" nennen; so war die Parabel jedoch nie gemeint und so sehe ich persönlich das ganze auch nicht. Er sah die Verabsolutierung, die die Führer der 3 monotheistischen Religionen ständig betrieben - schließlich spielt das ganze ja auch während der Kreuzzüge und hier setzte er (wie jeder Aufklärer seiner Zeit – in der Realität) an.
Er zeigt mit der Ringparabel, dass die Religionen eigentlich alle dem gleichen Gott dienen, er zeigt, dass die Unterschiede kultureller Natur sind, er zeigt, dass die Religionen sich in Dogmen oder Ritualen unterschieden, aber eine einheitliche Essenz besitzen – vergraben unter Oberflächlichkeiten.
Mit anderen Worten: er versucht den Absolutheitsanspruch (den, wie du richtig sagtest, alle Religionen für sich beanspruchten) ad absurdum zu führen. Was waren die Kreuzzüge sonst, wenn nicht absurd in Bezug auf das gemeinsame Wesen der Religionen?
Darin sehe ich keinen Funken Schwärmerei, sondern knallharte Situationsanalyse und Dogmenkritik, die jedoch auch im Gegensatz zu den Realisten, die erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts auftauchten, einen Lösungsweg, ein Plädoyer, eine Utopie impliziert.

Ein formeller Grund übrigens, warum er nicht alles so explizit kritisiert, Namen nennt und das Drama in seiner Zeit spielen lässt, ist, dass die kirchliche Vormacht in seiner Zeit keineswegs eine solche Kritik stillschweigend hingenommen hätte. Verbote (nicht zuletzt durch die Kirche) gab es zu seiner Zeit immer noch en masse; schließlich war dies einer der Gründe für das revolutionäre Aufkommen in der Mitte des 19 Jahrhunderts.

Zitat:
Ein weiterer inhaltlicher Fehler: die ganze Ringparabel geht davon aus, dass sich sämtliche Glaubensrichtungen nur auf "geschichtliche Wahrheit" berufen und stützen (das genaue Zitat habe ich nicht mehr im Kopf). Hier schlägt der damals gängige Deismus voll durch - und ist dabei in keiner Weise tragbar! Kierkegaard hat das "Problem" der Gleichzeitigkeit bzw. Ungleichzeitigkeit des Gläubigen zur göttlichen Offenbarung in seinen "Philosophischen Brocken" exzellent behandelt... kann ich wirklich nur empfehlen...


Habe das Stück nicht hier, deswegen kann ich das Zitat jetzt nicht in den konkreten Kontext einordnen.

Losgelöst davon: Man abstrahiert, wenn man den Autor getrennt von der Zeit sieht. Kein Mensch steht über der ständigen Dialektik der Entwicklung. Das ist die fundamentale Begrenzung der Menschen. Man liest ja auch nicht Shakespeare und sagt, dass der Inhalt falsch ist, nur weil in seinen Werken zahlreichen Verbindungen in Metaphern zum Weltbild des Ptolomäus gemacht werden. Das ist kein Fehler – das ist zeitliche Begrenztheit als eine Wesenheit des Menschen. Leute wie Hegel und Marx stellen diese ständige Entwicklung der Wahrheit zwar fest, verabsolutieren aber wiederum ihre Arbeiten – das ist unkohärent.
Als Fehler kann man also die Verwendung von deistischen Bezügen nicht bezeichnen. Und es ist klar, dass diese Sichtweise der Gleichgültigkeit Gottes im theistischen Existentialismus von Kierkegaard keinen Platz hat. Aber widerlegen kann man den Deismus nicht, er ist in sich kohärent. Es sind immer nur (solange sie kohärent sind) die verschiedenen Ansatzpunkte, Axiome, die zu unterschiedlichen Sichtweisen führen.


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BeitragVerfasst: 15.10.2004, 12:04 
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Lessing hatte doch nie behauptet der Realität mit der Ringparabel einen Spiegel vorzuhalten - das war nie seine Intention... im Gegensatz zum späteren Realismus (siehe Büchner) hat er mit seinem Drama ein Plädoyer, eine Utopie abgeliefert, nach der es sich zu streben lohnt.

--> das habe ich auch nicht behauptet ... er hat nur GETRÄUMT ... wir könnten uns jetzt in Begriffsdefinitonen verheddern aber eine "Utopie" ist meiner Ansicht nach eine NICHT VERWIRKLICHBARE idealvorstellung... ;)


Klar kannst du es abwertend "Schwärmerei" nennen; so war die Parabel jedoch nie gemeint und so sehe ich persönlich das ganze auch nicht. Er sah die Verabsolutierung, die die Führer der 3 monotheistischen Religionen ständig betrieben - schließlich spielt das ganze ja auch während der Kreuzzüge und hier setzte er (wie jeder Aufklärer seiner Zeit – in der Realität) an.

---> In ihrer ursprünglichen - nicht degenerierten - Form fordern diese Religionen alle ihren Absolutheitsanspruch ein! Wie ich schon geschrieben habe: es gilt zwischen Toleranz in der Sache und Toleranz gegenüber Personen zu unterscheiden. Davon abgesehen: wenn eine Religion ein Zugeständnis von solcher Tragweite macht (dass nämlich ihre Wahrheit nicht über den "Wahrheiten" der anderen steht) dann ist ihr Verfall schon sehr weit fortgeschritten ... keine der heiligen Schriften dieser Religionen spricht von Weiterentwicklung oder besser: Fort-entwicklung vom ursprünglichen Standpunkt. Das ist nur der Fall wenn der jeweilige Zeitgeist den Gaul sattelt ... und das Geschwätz ist - egal in welchem Jahrhundert - immer groß und vor allem: schnell wandelbar gewesen...

Er zeigt mit der Ringparabel, dass die Religionen eigentlich alle dem gleichen Gott dienen, er zeigt, dass die Unterschiede kultureller Natur sind, er zeigt, dass die Religionen sich in Dogmen oder Ritualen unterschieden, aber eine einheitliche Essenz besitzen – vergraben unter Oberflächlichkeiten. Mit anderen Worten: er versucht den Absolutheitsanspruch (den, wie du richtig sagtest, alle Religionen für sich beanspruchten) ad absurdum zu führen. Was waren die Kreuzzüge sonst, wenn nicht absurd in Bezug auf das gemeinsame Wesen der Religionen?
Darin sehe ich keinen Funken Schwärmerei, sondern knallharte Situationsanalyse und Dogmenkritik, die jedoch auch im Gegensatz zu den Realisten, die erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts auftauchten, einen Lösungsweg, ein Plädoyer, eine Utopie impliziert.

--> Ich wiederhole: Zu dieser Auffassung der Situation kann er nur aus seiner aufgeklärten Situation heraus kommen, ein Gläubiger kann und darf diesen Schritt niemals tun ohne seine eigenen Überzeugungen zu untergraben. Davon abgesehen ist die Idee das alle Religionen ein und dasselbe sind die Meinung liberaler Geister und Schönredner die gerade heute mehr und mehr an Einfluss gewonnen haben ... eine Religion ohne Anspruch auf Absolutheit ist dekadent, verweichlicht und regelrecht ent-kernt... außerdem zeigt Lessing nicht, er versucht zu zeigen ... und scheitert...

Ein formeller Grund übrigens, warum er nicht alles so explizit kritisiert, Namen nennt und das Drama in seiner Zeit spielen lässt, ist, dass die kirchliche Vormacht in seiner Zeit keineswegs eine solche Kritik stillschweigend hingenommen hätte. Verbote (nicht zuletzt durch die Kirche) gab es zu seiner Zeit immer noch en masse; schließlich war dies einer der Gründe für das revolutionäre Aufkommen in der Mitte des 19 Jahrhunderts.

--> Ich kenne die geschichtlichen Umstände des Stücks und kann immer nur wiederholen dass ein Synkretismus (ein derart platter noch dazu) keine Lösung darstellt ... wenn alle Recht haben gibt es keine objektive Wahrheit (oder ist diese zumindest nicht von Belang) und damit haben ALLE Unrecht ... vielleicht war ja dieser Schluss sein eigentliches Bestreben...

Losgelöst davon: Man abstrahiert, wenn man den Autor getrennt von der Zeit sieht. Kein Mensch steht über der ständigen Dialektik der Entwicklung. Das ist die fundamentale Begrenzung der Menschen. Man liest ja auch nicht Shakespeare und sagt, dass der Inhalt falsch ist, nur weil in seinen Werken zahlreichen Verbindungen in Metaphern zum Weltbild des Ptolomäus gemacht werden. Das ist kein Fehler – das ist zeitliche Begrenztheit als eine Wesenheit des Menschen. Leute wie Hegel und Marx stellen diese ständige Entwicklung der Wahrheit zwar fest, verabsolutieren aber wiederum ihre Arbeiten – das ist unkohärent.
Als Fehler kann man also die Verwendung von deistischen Bezügen nicht bezeichnen. Und es ist klar, dass diese Sichtweise der Gleichgültigkeit Gottes im theistischen Existentialismus von Kierkegaard keinen Platz hat. Aber widerlegen kann man den Deismus nicht, er ist in sich kohärent. Es sind immer nur (solange sie kohärent sind) die verschiedenen Ansatzpunkte, Axiome, die zu unterschiedlichen Sichtweisen führen.

---> Ich glaube durchaus dass es zeitlose Wahrheit gibt und dass wirklich große Denker diese Zeitlosigkeit in ihren Schriften gut festgehalten haben und das auch heute immer noch können .... die Beschränktheit der jeweiligen zeitgeschichtlich bedingten Denkbarkeit bzw Un-Denkbarkeit der Wahrheit entschuldigt noch lange nicht die Verbreitung von Unwahrheit...

Davon abgesehen denke ich nicht dass sich die Menschheit in ihrer geistigen Entwicklung unbedingt fortschreitet ... sie bewegt sich, ja, aber nicht unbedingt nach vorne bzw. oben...


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BeitragVerfasst: 15.10.2004, 13:42 
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Zitat:
--> das habe ich auch nicht behauptet ... er hat nur GETRÄUMT ... wir könnten uns jetzt in Begriffsdefinitonen verheddern aber eine "Utopie" ist meiner Ansicht nach eine NICHT VERWIRKLICHBARE idealvorstellung... ;)


Er ist sich aber der Utopie bewusst. Das heißt, er ist sich dem Wesen (der Unerreichbarkeit) bewusst. Eine Träumerei wäre es, wenn er denken würde, er könnte sie erreichen. Utopie kann nur äquivalent zur Träumerei werden, wenn die Einstellung des Utopisten eine dementsprechende zu ihr ist, das heißt, wenn er die Unerreichbarkeit vergisst, verdrängt, leugnet.
Christen, die denken, sie könnten das Paradies Gottes auf Erden verwirklichen, sind Träumer, Christen, die es ständig versuchen, wohl wissend, dass es nie der Fall sein wird, sind Utopisten, in einem positiv konnotierten Sinne. (man kann fast sagen, sie sind ein Typus des Absurden Menschen nach Camus) Und zu so einem realistischen Utopisten zähle ich auch Lessing.

Zitat:
---> In ihrer ursprünglichen - nicht degenerierten - Form fordern diese Religionen alle ihren Absolutheitsanspruch ein! Wie ich schon geschrieben habe: es gilt zwischen Toleranz in der Sache und Toleranz gegenüber Personen zu unterscheiden. Davon abgesehen: wenn eine Religion ein Zugeständnis von solcher Tragweite macht (dass nämlich ihre Wahrheit nicht über den "Wahrheiten" der anderen steht) dann ist ihr Verfall schon sehr weit fortgeschritten ... keine der heiligen Schriften dieser Religionen spricht von Weiterentwicklung oder besser: Fort-entwicklung vom ursprünglichen Standpunkt. Das ist nur der Fall wenn der jeweilige Zeitgeist den Gaul sattelt ... und das Geschwätz ist - egal in welchem Jahrhundert - immer groß und vor allem: schnell wandelbar gewesen...


Wir müssen differenzieren – vielleicht reden wir auch in dem Punkt aneinander vorbei (ich nehme als Bsp. Christentum).

Auf der einen Seite gibt es die ursprünglichen Lehren von Jesu. Auf der anderen Seite, das was die Institution Kirche daraus macht.
Zeig mir ein Zitat von Jesu aus dem NT, in dem er von irgendeinem Absolutum an Wahrheit etc spricht – es gibt keines. Es beruht nur auf der existentiellen, persönlichen Beziehung von dir zu Gott und damit verbunden mit der Liebe, die man zu anderen aufbringt, was in einigen Parabeln (Samariter) gleichbedeutend ist.
Die Institutionen, die sich auf diesen grundsätzlichen Lehren aufgebaut haben, die versucht haben irgendwas zu beweisen (siehe Aquin), irgendwelche absoluten Wahrheiten zu Dogmen ernannt haben etc – diese haben den Absolutheitsanspruch erst überhaupt ins Spiel gebracht, diese haben die Lehren pervertiert.
Die verkalkten Institutionen Kirche haben sicherlich starke Probleme mit einer Toleranz in der Sache, so wie du es nennst, die ursprünglichen Lehren jedoch keineswegs. Sie sind existentiell, persönlich auf das Subjekt eines einzelnen Individuums bezogen. In diesem Kontext von Absolutheit zu sprechen, wäre paradox.
Es liegt nur am Menschen, was er aus dem Fundament macht - und darauf hat Lessing hingewiesen.
Aber, dass es auch Kleriker gibt, die sich, obwohl in einer Kirche engagiert, für die Toleranz in der SACHE (ich habe nie nur von der Toleranz der Menschen untereinander gesprochen; das wäre ja schon fast eine Art Zynismus, von der ich nicht ausgehe) einsetzen. Siehe den Bischoff Küng als Initiator des „Weltethos“.

Zitat:
-> Ich wiederhole: Zu dieser Auffassung der Situation kann er nur aus seiner aufgeklärten Situation heraus kommen, ein Gläubiger kann und darf diesen Schritt niemals tun ohne seine eigenen Überzeugungen zu untergraben. Davon abgesehen ist die Idee das alle Religionen ein und dasselbe sind die Meinung liberaler Geister und Schönredner die gerade heute mehr und mehr an Einfluss gewonnen haben ... eine Religion ohne Anspruch auf Absolutheit ist dekadent, verweichlicht und regelrecht ent-kernt... außerdem zeigt Lessing nicht, er versucht zu zeigen ... und scheitert...


Ich habe das Gefühl, dass du Kirchengänger ziemlich pessimistisch siehst in Bezug auf die Aufklärung und den klaren Blick auf die eigene religiöse Aussage. ;)

Ich kenne einige Katholiken, die es so sehen: Sie wissen, dass nur eine Sache unverfälscht und rein ist: das ist die transzendente Verbindung von dem Subjekt zu Gott durch den Glauben. Sie sind sich der unterschiedlichen Kulturkreise sehr wohl bewusst und dass die Mannigfaltigkeit der Kirchen nur darauf beruhen – aber das relativiert nicht ihre transzendente Beziehung zu Gott – mit einem Wort: ihre Religion.
Und diese Meinung der Gleichheit der Essenz der Religionen hat nichts mit Schönrednerei zu tun – das hat nur etwas mit der Reduktion auf das essentielle zu tun – und das ist wie gesagt, die persönliche Verbindung, denn alles andere ist unwesentlich verglichen mit dieser, die das Fundament bildet. Die Institution kann erschüttert werden – die Transzendenz nicht.
Ich bin zwar Atheist, aber habe dies schon zur Genüge von aufgeklärten Theisten bestätigt bekommen.

Zitat:
-> Ich kenne die geschichtlichen Umstände des Stücks und kann immer nur wiederholen dass ein Synkretismus (ein derart platter noch dazu) keine Lösung darstellt ... wenn alle Recht haben gibt es keine objektive Wahrheit (oder ist diese zumindest nicht von Belang) und damit haben ALLE Unrecht ... vielleicht war ja dieser Schluss sein eigentliches Bestreben...


Was ist denn daran platt, zu zeigen, dass alle Gläubigen IN DER SACHE ein gemeinsames Fundament haben? Es ist kein Synkretismus – er plädiert nicht dafür, dass die Institutionen ihre historische Kultur verwerfen, um sich zu vermischen; er plädiert lediglich dafür, dass die Leute einsehen, dass das Fundamentalste gemeinsam ist. Für ein Verständnis in der SACHE untereinander, solange mit SACHE, der reine Glaube gemeint ist. Es kann keine Vermischung in dem Fundament geben, da es nie ein unterschiedliches Fundament in der Religion gab. Die Verbindung zu Gott ist elementar – kulturkreissprengend.

Zitat:
---> Ich glaube durchaus dass es zeitlose Wahrheit gibt und dass wirklich große Denker diese Zeitlosigkeit in ihren Schriften gut festgehalten haben und das auch heute immer noch können .... die Beschränktheit der jeweiligen zeitgeschichtlich bedingten Denkbarkeit bzw Un-Denkbarkeit der Wahrheit entschuldigt noch lange nicht die Verbreitung von Unwahrheit...

Davon abgesehen denke ich nicht dass sich die Menschheit in ihrer geistigen Entwicklung unbedingt fortschreitet ... sie bewegt sich, ja, aber nicht unbedingt nach vorne bzw. oben...


Kurz: Wer hat gesagt, dass die Menschheit nach vorne (positiv) schreitet? Das einzige was sie tut, ist sich weiterbewegen – nichts anderes ist mit der Dialektik gemeint. Ein überwinden der These und Antithese in eine Synthese in einem neutralen, wertefreien Sinne.

Rein philosophisch gesehen, spricht einiges dafür, dass es keine absolute Wahrheit gibt. Es gibt nur Wahrheiten im Bezug auf Menschen, das Subjekt. Es kann nur für einzelne Subjekte Wahrheiten geben, die aber sobald man sie abstrahiert und über die gesamte Menschheit verhängt, widersprüchlich werden.
Zeitlos wird eine Schrift nur, wenn du sie, als jetzt in der Gesellschaft lebendes Subjekt, sie für dich nimmst und umformulierst, hermeneutisch vorgehst. Jeder Mensch lebt in seinen eigenen Entwürfen, da sein Subjekt immer von den anderen getrennt ist und es deswegen alleine schon keine von einem Subjekt auf alle Subjekte übergreifende objektive Wahrheit geben kann – jeder ist in sich und in seinen gefällten Entwürfen, die in zu dem machen, was er ist, gefangen.
Alles kann auch anders betrachtet werden – und das kohärent. Für den Menschen fühlbare Objektivität (erst recht bezogen auf etwas ideelles wie Wahrheit) außerhalb seiner Subjektivität, ist eine Illusion. Wir können hier mit absoluten Begriffen sprechen (wenn wir auch hier alles relativ zu uns verstehen – allein sprachphilosophisch gesehen), da wir in der gleichen Zeit und in der gleichen Gesellschaft leben und uns ähnlich entwerfen. Nur in solchen Gemeinschaften kann es scheinbare (!) absolute Wahrheiten geben.


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BeitragVerfasst: 15.10.2004, 14:42 
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"Er ist sich aber der Utopie bewusst. Das heißt, er ist sich dem Wesen (der Unerreichbarkeit) bewusst. Eine Träumerei wäre es, wenn er denken würde, er könnte sie erreichen. Utopie kann nur äquivalent zur Träumerei werden, wenn die Einstellung des Utopisten eine dementsprechende zu ihr ist, das heißt, wenn er die Unerreichbarkeit vergisst, verdrängt, leugnet.
Christen, die denken, sie könnten das Paradies Gottes auf Erden verwirklichen, sind Träumer, Christen, die es ständig versuchen, wohl wissend, dass es nie der Fall sein wird, sind Utopisten, in einem positiv konnotierten Sinne. (man kann fast sagen, sie sind ein Typus des Absurden Menschen nach Camus) Und zu so einem realistischen Utopisten zähle ich auch Lessing"

---> Ich würde die Begriffe nicht derart säuberlich voneinander trennen und bin der Meinung dass in jeder Utopie auch Träumerei mitschwingt, aber das ist nur zweitrangig und bringt uns nur zur Wortklauberei ... ;-)

Auf der einen Seite gibt es die ursprünglichen Lehren von Jesu. Auf der anderen Seite, das was die Institution Kirche daraus macht.
Zeig mir ein Zitat von Jesu aus dem NT, in dem er von irgendeinem Absolutum an Wahrheit etc spricht – es gibt keines.

--> Doch: "ICH bin der Weg, ICH bin die Wahrheit, ICH bin das Leben. Niemand kommt zum Vater als durch MICH". Das ist für meine Begriffe ein Absolutheitsanspruch.

Die verkalkten Institutionen Kirche haben sicherlich starke Probleme mit einer Toleranz in der Sache, so wie du es nennst, die ursprünglichen Lehren jedoch keineswegs. Sie sind existentiell, persönlich auf das Subjekt eines einzelnen Individuums bezogen. In diesem Kontext von Absolutheit zu sprechen, wäre paradox.

--> Das ist so nicht richtig. Du kannst die Bibel an jeder beliebigen Stelle aufschlagen und mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Absolutheitsanspruch finden. Warum sonst die Religionskriege des Alten Testaments? Da ist nicht die Spur einer Rede von lediglich subjektiver Mensch-Gott-Beziehung...

Es liegt nur am Menschen, was er aus dem Fundament macht - und darauf hat Lessing hingewiesen. Aber, dass es auch Kleriker gibt, die sich, obwohl in einer Kirche engagiert, für die Toleranz in der SACHE (ich habe nie nur von der Toleranz der Menschen untereinander gesprochen; das wäre ja schon fast eine Art Zynismus, von der ich nicht ausgehe) einsetzen. Siehe den Bischoff Küng als Initiator des „Weltethos“.

--> Ich halte rein gar nichts von Küng ... ein Wort- und Wahrheitsverdreher wie er im Buche steht ... auf dem Toleranzdampfer unterwegs um die Welt mit einem widerwärtigen Geschwätz zu missionieren das der Zeitgeist geworfen hat ... will dazu auch nicht mehr schreiben ;-)

Ich kenne einige Katholiken, die es so sehen: Sie wissen, dass nur eine Sache unverfälscht und rein ist: das ist die transzendente Verbindung von dem Subjekt zu Gott durch den Glauben. Sie sind sich der unterschiedlichen Kulturkreise sehr wohl bewusst und dass die Mannigfaltigkeit der Kirchen nur darauf beruhen – aber das relativiert nicht ihre transzendente Beziehung zu Gott – mit einem Wort: ihre Religion.
Und diese Meinung der Gleichheit der Essenz der Religionen hat nichts mit Schönrednerei zu tun – das hat nur etwas mit der Reduktion auf das essentielle zu tun – und das ist wie gesagt, die persönliche Verbindung, denn alles andere ist unwesentlich verglichen mit dieser, die das Fundament bildet. Die Institution kann erschüttert werden – die Transzendenz nicht.

--> In diesem Punkt wird es zwischen uns nur einen Meinungsaustausch aber keine Einigung geben. Kurze Zwischenfrage bevor ich darauf überhaupt näher eingehe: wie reagieren diese aufgeklärten Menschen auf Buddhismus und Animismus? Sehen sie diese Art von "Gläubigen" als "Ungläubige" an?

Was ist denn daran platt, zu zeigen, dass alle Gläubigen IN DER SACHE ein gemeinsames Fundament haben?

--> s. eine Antwort weiter oben...

Es ist kein Synkretismus – er plädiert nicht dafür, dass die Institutionen ihre historische Kultur verwerfen, um sich zu vermischen; er plädiert lediglich dafür, dass die Leute einsehen, dass das Fundamentalste gemeinsam ist. Für ein Verständnis in der SACHE untereinander, solange mit SACHE, der reine Glaube gemeint ist. Es kann keine Vermischung in dem Fundament geben, da es nie ein unterschiedliches Fundament in der Religion gab. Die Verbindung zu Gott ist elementar – kulturkreissprengend.

--> Richtig, noch ist es kein Synkretismus aber die ideale Ausgangsposition dafür ist geschaffen, meiner Meinung nach der erste Schritt des Synkretismus, Ansichtssache...

Kurz: Wer hat gesagt, dass die Menschheit nach vorne (positiv) schreitet?

--> Ich denke: Lessing. Weil er überhaupt erst die Möglichkeit einer besseren Zukunft in Überlegung stellt. Man spricht nicht umsonst vom "Aufklärungsoptimismus"...

Rein philosophisch gesehen, spricht einiges dafür, dass es keine absolute Wahrheit gibt. Es gibt nur Wahrheiten im Bezug auf Menschen, das Subjekt. Es kann nur für einzelne Subjekte Wahrheiten geben, die aber sobald man sie abstrahiert und über die gesamte Menschheit verhängt, widersprüchlich werden.

--> Ich wage zu behaupten: ebenso wie es eine materielle, allgemeingültige Wahrheit gibt gibt es eine geistige, transzendente Wahrheit. Ich kenne die Philosophen die versuchen alles in Nichts aufzulösen aber alles worauf sie stoßen ist DAS große Paradoxon. Es gibt keinen Menschen der diesen Gedanken zu Ende denken konnte und kann. Und dieses Paradoxon ist das Notwendige, sprich endgültige Wahrheit, und das außerhalb des menschlichen Fassungsvermögens!

Zeitlos wird eine Schrift nur, wenn du sie, als jetzt in der Gesellschaft lebendes Subjekt, sie für dich nimmst und umformulierst, hermeneutisch vorgehst.

--> Falsch, zeitlos ist eine Schrift dann, wenn ich sie nicht umformulieren muss.

Jeder Mensch lebt in seinen eigenen Entwürfen, da sein Subjekt immer von den anderen getrennt ist und es deswegen alleine schon keine von einem Subjekt auf alle Subjekte übergreifende objektive Wahrheit geben kann – jeder ist in sich und in seinen gefällten Entwürfen, die in zu dem machen, was er ist, gefangen.

--> Richtig: das menschliche Subjekt kann Wahrheit nicht kreieren und aus sich heraus weitergeben, es kann sie nur formulieren .. deswegen muss es zwingend ein über-menschliches/göttliches Prinzip geben, so zwingend wie der Tod eine Tatsache ist

Alles kann auch anders betrachtet werden – und das kohärent. Für den Menschen fühlbare Objektivität (erst recht bezogen auf etwas ideelles wie Wahrheit) außerhalb seiner Subjektivität, ist eine Illusion. Wir können hier mit absoluten Begriffen sprechen (wenn wir auch hier alles relativ zu uns verstehen – allein sprachphilosophisch gesehen), da wir in der gleichen Zeit und in der gleichen Gesellschaft leben und uns ähnlich entwerfen. Nur in solchen Gemeinschaften kann es scheinbare (!) absolute Wahrheiten geben.

--> Gut, Meinungsverschiedenheit ... ich glaube dass es Objektivität mit Substanz gibt, die über bloße Fühlbarkeit und das Illusorische hinaus existiert ... deine Denke klingt mir stark nach Descartes und allen anderen die seinen Faden weitergesponnen haben ...


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BeitragVerfasst: 15.10.2004, 16:48 
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TamGui hat geschrieben:
chainsnatcha hat geschrieben:
hatte das auch erst in der schule, hab's dann aber später nochmal privat 1-2 mal gelesen ... sprachlich sicher wunderschön wie so vieles von lessing, aber die aussage des stücks ist ganz übler unsinn ... die ringparabel ist eine aufklärerische schwärmerei, mehr nicht ;)


warum ist denn die Aussage UNSINN? Es ist ein Plädoyer für religiöse und kulturelle Toleranz; und was an der Aussage der Ringparabel "aufklärerische schwärmerei" sein soll, versteh ich auch überhaupt nicht. ;)

xnonamex: wenn du es so sieht - dann ist JEDES (reflektiertes) Handeln von Ideologie getragen.

natürlich, wenn man Rousseaus Werk aus dem historischen Kontext reißt, mag es "beknackt" wirken... aber was bringt das?
Der Kern seiner Ideologiekritik ist undbleibt aktuell und er hat mit "Emile" die Pädagogik so geprägt wie kein anderer - und das mit gutem Grund...

ich meine folgendes damit: rousseau hat zu seiner zeit bereits in seinem "contrat social" einräumen müssen, dass sein modell nicht in allen gesellschaften durchführbar ist, seine "ideologie" setzt schon zu damaliger zeit unrealistische bedingungen voraus, demnach meine ich ist es nicht aus dem historischen kontext gerissen. Zu gute halten kann ich ihm nur, dass er andere Denker angeregt hat kritiken und gegenmodelle zu verfassen, womit wir heute beim pluralismus wären....(noch ne frage...was meinst du mit "ideologiekritik", versteh ich in dem zusammenhang nicht)


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Zitat:
---> Ich würde die Begriffe nicht derart säuberlich voneinander trennen und bin der Meinung dass in jeder Utopie auch Träumerei mitschwingt, aber das ist nur zweitrangig und bringt uns nur zur Wortklauberei ... ;-)


Für mich gibt es einfach 2 Utopie-Modi, die sich im speziellen Verhältnis vom Subjekt zu ihr stecken. Egal…

Zitat:
Doch: "ICH bin der Weg, ICH bin die Wahrheit, ICH bin das Leben. Niemand kommt zum Vater als durch MICH". Das ist für meine Begriffe ein Absolutheitsanspruch.


Das ist leicht anders zu sehen: Er lebte das Fundament des Glaubens - wie schon oben geschrieben – die persönliche, existentielle Beziehung zu Gott. Er ist die Personifikation dessen gewesen. Somit wird nicht irgendeine Aussage, Dogma oder ein Ritual verabsolutiert – das ist nicht die Wahrheit, das Leben, so kommt man nicht zu Gott. Es ist die Verabsolutierung des reinen Glaubens für den unverfälschten Glauben, wenn du so willst.

Zitat:
Das ist so nicht richtig. Du kannst die Bibel an jeder beliebigen Stelle aufschlagen und mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Absolutheitsanspruch finden. Warum sonst die Religionskriege des Alten Testaments? Da ist nicht die Spur einer Rede von lediglich subjektiver Mensch-Gott-Beziehung...


Ich redete ja vom Christentum - das heißt, von den Lehren Jesu – damit fällt das AT weg. Das Judentum und sein Ursprung, also das AT, müsste man separat erörtern, wobei ich mich da selber mehr informieren müsste.

Zitat:
Ich halte rein gar nichts von Küng ... ein Wort- und Wahrheitsverdreher wie er im Buche steht ... auf dem Toleranzdampfer unterwegs um die Welt mit einem widerwärtigen Geschwätz zu missionieren das der Zeitgeist geworfen hat ... will dazu auch nicht mehr schreiben ;-)


Für mich ist Küng einer der wenigen engagierten, progressiven in der Institution der katholischen Kirche (einer, der noch zu nennen wäre: Martini).
Ich hatte vor einiger Zeit etwas in seinem „Existiert Gott“ geschmökert und war erstaunt, wie er gerade beim Thema Atheismus erstaunlich neutral schrieb.
Aber mir ist klar, dass wenn du sagst, dass ein Gläubiger seinen Glauben untergraben würde, sobald er solche Toleranz-Zugeständnise in der SACHE macht, kannst du ihn natürlich nur als Heuchler sehen. ;)

Zitat:
In diesem Punkt wird es zwischen uns nur einen Meinungsaustausch aber keine Einigung geben. Kurze Zwischenfrage bevor ich darauf überhaupt näher eingehe: wie reagieren diese aufgeklärten Menschen auf Buddhismus und Animismus? Sehen sie diese Art von "Gläubigen" als "Ungläubige" an?


Keine Ahnung - ich kann sie nicht Bevormunden, aber der Buddhismus sieht sich ja selber weniger als Religion, sondern mehr als kontemplative, spirituelle Lehre.
Beim Animismus bin ich mir ziemlich sicher, dass sie es ähnlich sehen, wie bei den 3 großen Religionen: alles fußt auf der Transzendenz des Ego.

Zitat:
--> Richtig, noch ist es kein Synkretismus aber die ideale Ausgangsposition dafür ist geschaffen, meiner Meinung nach der erste Schritt des Synkretismus, Ansichtssache...


Sehr, sehr unwahrscheinlich – dafür ist der Wunsch der Geborgenheit in der gewohnten kulturellen Umgebung (hier in der kirchlichen Kultur [egal welche] – mit all ihren Ritualen, Eigenheiten etc.) des Menschen viel zu stark ausgeprägt.

Zitat:
--> Ich denke: Lessing. Weil er überhaupt erst die Möglichkeit einer besseren Zukunft in Überlegung stellt. Man spricht nicht umsonst vom "Aufklärungsoptimismus"...


Da muss man differenzieren!

Erstmal nochmal dein ursprüngliches Zitat, damit der Text danach Sinn hat.

-> "Davon abgesehen denke ich nicht dass sich die Menschheit in ihrer geistigen Entwicklung unbedingt fortschreitet ... sie bewegt sich, ja, aber nicht unbedingt nach vorne bzw. oben..."

Dass die Welt nicht immer in eine positive Richtung ging und geht, ist GERADE den Aufklärern bewusst gewesen.
Sie waren die, die als erste gesehen haben, zu welcher Fehlentwicklungen es über die Jahrhunderte kam. Sie waren die, die erkannt haben, wie sich Konservative an der Macht festgesetzt haben und Ressentiments aufbauten und schürten. Sie sahen, dass NICHT jede Überwindung einer Staatsform notwendigerweise in ein besseres System kulminieren muss(te). Nicht zuletzt erkannte Kant, wie die Menschheit in den letzten Jahrhunderten in die selbstverschuldete (!) Unmündigkeit abgerutscht war.

Mit Aufklärungsoptimismus ist also nicht gemeint, dass die historische Entwicklung ins Positive abzielt – das wäre ein Paradox in sich; wozu müsste es Aufklärung geben, wenn sich Geschichte zwangsläufig ins Gute hin entwirft? Nein, Aufklärungsoptimismus bezieht sich auf eine als anstrebenswerte entworfene Zukunft, die als optimistische Alternative oder auch als einziger Ausweg angesehen wurde, nachdem alte gesellschaftliche Gegebenheiten erkannt und in Angriff genommen wurden. Für Aufklärung bedarf es einer nicht-zielgerichteten Entwicklung in der Dialektik der Historie – wie Sloterdijk schreibt: „Aufklärung war immer schon Enttäuschung im positiven Sinn..."

Zitat:
--> Ich wage zu behaupten: ebenso wie es eine materielle, allgemeingültige Wahrheit gibt gibt es eine geistige, transzendente Wahrheit. Ich kenne die Philosophen die versuchen alles in Nichts aufzulösen aber alles worauf sie stoßen ist DAS große Paradoxon. Es gibt keinen Menschen der diesen Gedanken zu Ende denken konnte und kann. Und dieses Paradoxon ist das Notwendige, sprich endgültige Wahrheit, und das außerhalb des menschlichen Fassungsvermögens!


Warte, warte…. Was meinst du mit einer materiellen Wahrheit? Was meinst du mit einer geistigen Wahrheit?

Zur Thema „Wahrheit“: Ich versuche nichts im Nichts aufzulösen, schließlich bin ich kein Idealist – ich bin nur in dem Punkt der Wahrheit ein strikter Relativist.
Glaube mir, ich bin mir des Paradoxons bewusst, dass das mit sich zieht, nämlich, dass ich damit ja nach außen hin doch eine Wahrheit, nämlich die der absoluten Relativität, konstituiert hätte, die ich über mich als Individuum und meine Zeit setzen würde. Und ja – das löst sich in einen infinitiven Regress, also ein vorbildhaftes Paradox, auf. Das ist das (wie ich auch selber weiß) nicht zufriedenstellende Ende dieses Gedankenganges.
Dem ganzen entgehen kann ich nur, wenn ich nur für mich in meiner Subjektivität bleibe und in ihr Kohärenz für MICH schaffe - nur so komme ich zu einer widerspruchsfreien Philosophie, die ich in Bezug zu mir als Grenzwahrheit setze.

Zitat:
Falsch, zeitlos ist eine Schrift dann, wenn ich sie nicht umformulieren muss.


Zum Glück ist dies nicht so; allein der Sprache wegen ist dies nicht möglich. Sprache ist Symbolik, die Assoziationen erfordert; alleine deswegen ist eine Umformung des ursprünglichen (also die eigene sprachliche Interpretation des Autors), wenn auch nur intuitiv, ständig nötig, unumgänglich. Jedes Stück, dass ich lese, „ver-Ich-e“ ich automatisch. Sprache ist schon mal das schlechteste Beispiel für Zeitlosigkeit.
Ich gebe zu, ich formulierte das falsch, als ich sagte, dass man etwas umformulieren muss – das fordert ja eine bewusste Aktivität.
Ursprünglich wollte ich eigentlich nur sagen, dass keine Schrift zeitlos in dem Sinne ist, dass der Text über der Zeit steht - mit einem Wort: statisch ist - und jeder, egal aus welcher Epoche, dies und das darin sieht, akzentuiert, für denkanregend erkennt etc.; das meinte ich mit umformulieren - habe mich da, wie gesagt, falsch ausgedrückt.
So gesehen ist das ganze für mich weniger Zeitlosigkeit, da seine Faszination und Mannigfaltigkeit ja gerade aus der Zeitspanne entsteht und er mit ihr geht, sondern mehr die Möglichkeit als Text, gut zu altern und sich ständig anders zu enthüllen.

Zitat:
--> Richtig: das menschliche Subjekt kann Wahrheit nicht kreieren und aus sich heraus weitergeben, es kann sie nur formulieren .. deswegen muss es zwingend ein über-menschliches/göttliches Prinzip geben, so zwingend wie der Tod eine Tatsache ist


Hehe, wenn ein Gottesbeweis nur so einfach wäre – ein Thomas von Aquin oder ein Heilige Anselm wären stolz ;)

Sehr wohl kann jedes Subjekt Wahrheiten kreieren – erst durch ihn kommen Wahrheiten zur Welt, nämlich durch den Bezug, den das Subjekt zu der Welt hat, die er durch Entwürfe errichtet.
Bsp.: Wenn ich sage, dass dieser Wald für mich ein schöner Jogginggelegenheit ist, ist das FÜR MICH eine Wahrheit, die ich mit meiner Haltung dem Wald gegenüber konstituiere; um es mal ala Heidegger zu formulieren: die Wald-heit des Waldes kann sich unendlichfach dem Subjekt enthüllen, und all dies ist wahr – jedoch nur im Bezug zu dem Subjekt, dem sich das ganze so und so enthüllt - und für dieses ist es ABSOLUT wahr. Das gilt für jedes dem Bewusstsein antagonistische Sein. Dieser Individualisierung ist es auch unmöglich zu entgehen, da der Mensch Handeln, Entwerfen und damit zur-welt-verbindungsaufbauend, bzw. generell weltaufbauend ist.

Zitat:
--> Gut, Meinungsverschiedenheit ... ich glaube dass es Objektivität mit Substanz gibt, die über bloße Fühlbarkeit und das Illusorische hinaus existiert ... deine Denke klingt mir stark nach Descartes und allen anderen die seinen Faden weitergesponnen haben ...


Würde mich mal interessieren, wie du diese „Objektivität mit Substanz“ begründest.
Klar, von Descartes ist ja jeder, mindistens implizit, beeinflusst, der sich mit „aktueller“ Philo beschäftigt, aber explizit bin ich stark vom Existentialismus und der Phänomenologie des 20. Jahrhunderts geprägt; Heidegger, Jaspers, Sartre, Husserl.


Zuletzt geändert von TamGui am 19.10.2004, 18:44, insgesamt 6-mal geändert.

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@xnonamex: boah, ich kann jetzt nicht mehr ;)
Ich antworte morgen k? :)


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bei der fülle an text kann ich das verstehen, wir sollten villeicht wieder zum thema bücher zurück :zahn:


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xnonamex hat geschrieben:
ich meine folgendes damit: rousseau hat zu seiner zeit bereits in seinem "contrat social" einräumen müssen, dass sein modell nicht in allen gesellschaften durchführbar ist, seine "ideologie" setzt schon zu damaliger zeit unrealistische bedingungen voraus, demnach meine ich ist es nicht aus dem historischen kontext gerissen. Zu gute halten kann ich ihm nur, dass er andere Denker angeregt hat kritiken und gegenmodelle zu verfassen, womit wir heute beim pluralismus wären....(noch ne frage...was meinst du mit "ideologiekritik", versteh ich in dem zusammenhang nicht)


ok - aneinander vorbei geredet. Ich hatte von seiner Aufklärung im Bereich Gesellschaft und Erziehung gesprochen; also seine These, dass alles, was von der Natur kommt, gut ist etc.
Die Ideologiekritik seinerseits in dem Bereich war, dass er die Pervertierung und Manipulation des Subjekts in der Gesellschaft aufgezeigt und Alternativen formuliert hat - mit anderen Worten: er setzte sich gegen die bürgerliche und adlige Moralideologie und gegen die damals existierende pessmisitische Grundauffassung des Menschen ein.


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