so... keine der Antworten wurde leider kurz
Die Antwort auf deine explizit gestellte Frage am Ende kommt später - wenn nicht heute abend, dann irgendwann am Wochenende - beim antworten habe ich gemerkt, dass ich dazu noch einiges mehr schreiben muss
Zitat:
Meiner Meinung nach basiert das Christentum auch auf dem Alten Testament. Das NT wäre ohne das AT nicht verständlich/denkbar, mehr noch, das Neue Testament ist quasi die Erfüllung des Alten Testaments ... das wird in den Briefen des Apostel Paulus mehr als deutlich...
Das AT und das NT stehen nur insofern in Verbindung, dass die Prophezeiungen des einen (AT), durch Ankunft des Erlösers, bewahrheitet wurden – das ist richtig. Nichtsdestotrotz, die Lehren Jesu haben nichts mehr mit den Lehren des AT zu tun. Vergleichen wir die beiden Schriften, finden wir nicht zuletzt im Ethischen zahlreiche antagonistische Lehren. Die Lehren Jesu, auf denen das Christentum basiert, sind getrennt von den Lehren des ATs zu betrachten. Dass sie kulturell stark in Verbindung stehen, hat nichts mit der obigen Aussage zu tun und widerspricht ihr auch nicht.
Zitat:
--> Wenn das so ist dann gibt es auch die Kategorien Gut und Böse nicht mehr, dann gibt es nur noch Transzendenz. Dann glauben diese "Christen" im Endeffekt dasselbe wie praktizierende Satanisten - nämlich nur dass es ein transzendentes "Etwas" gibt...
Da muss man differenzieren. (Ich spreche jetzt losgelöst von den aufgeklärten Katholiken)
Wenn man das EINHEITLICHE Fundament der Religion, des Glaubens vielmehr, auf die Transzendenz zurückstuft, hat man auf diesem Level eine Einheit, die allen Gläubigen gemein ist. Aber Religion besteht nicht nur aus Transzendenz in dem Sinne, dass es eine Verbindung gibt, und das war es. Diese Verbindung ist nichts wert, wenn man nicht etwas aus ihr schöpft. Gut und böse wird nicht von außen definiert – das hat nicht zuletzt Kant erkannt. Werte sind bedeutungslos, wenn sie nicht von einem SUBJEKT als diese und jene Werte angenommen werden; dies gilt für alles. Das heißt, dass ein gläubiger Mensch als transzendenter Mensch die Kategorien des Guten und Bösen, aus dieser schöpfen kann. Ich meinte nie in dem Sinne, dass die aufgeklärt Gläubigen sagen, ALLES ist gleich – falsch, jeder Glauben hat eine EINHEITLICHE Basis (Aber: „Grund von Glaube“ ist nicht „Glaube“); aber diese wird, wenn nur so betrachtet, als isoliert und leer bewertet.
Dies ist konkret nicht so - es werden Inspirationen, Lehren, Einsichten, moralisches Handeln etc. aus ihr gewonnen, geschöpft und begründet. Diese Überzeugungen, die daraus von verschiedenen Menschen gewonnen werden, können allesamt konträr und paradox sein.
(Wenn ich von Gleichheit redete, dann immer im Bezug auf den inneren Ausgangspunkt bzgl. des Glaubens, es kann sein, dass es in manchen Sätzen etwas undeutlich erschien; auch ein Problem einer I-Net-Diskussionen.

)
Aber aufgrund DIESER Gemeinsamkeit (wohlgemerkt: nicht IHRER gesamten Gleichheit), die alle teilen, kann es Dialoge und friedliches Zusammenleben geben, ohne unkohärent zu werden, da sich Kohärenz in diesem Modell nur aus dem Bezug zum jeweils Einzelnen ergibt. Losgelöst verliert es die Bedeutung.
Mein Vater, ein Katholik, würde dem Inhalt des Animismus unter absolut keinen Umständen zustimmen – das ist jedoch keineswegs Intoleranz in der Sache, der Kategorie von der die ganze Diskussion ausging. Toleranz in der Sache heißt ja NICHT etwas für sich zu verifizieren, es zu übernehmen – es heißt in diesem Fall das Erkennen und Akzeptieren von Glaubensauswertungen (hier wird deutlich, dass es Toleranz gegenüber der SACHE ist [, denn sie wird an sich bewertet] – nicht der Person), auch wenn man sie für SICH als SEINE nicht akzeptieren würde, da man selber anderes aus seiner existentiellen Transzendenz gewinnt – nur dies kann für DIESE EINE Person als hieb und stichfest betrachtet werden. Alles andere wäre draufgepresst und käme nicht aus Überzeugung; würde Unkohärenz im Konkreten ergeben.
Wenn wir dann von anderen transzendenten Erfahrungen reden, geschieht das gegenüber dem anderen Gläubigen (meinetwegen einem Katholiken gegenüber) immer für IHN im Konjunktiv; genauso wie für mich und dich – wir machen diese Erfahrungen nicht, die mit Worten entwertet werden – das sind Erfahrungen, die unlehrbar sind: sie sind in ihrer Reinheit nur erfahrbar.
Ich habe nie dafür plädiert zu sagen, dass alle Erfahrungen, (die für Gläubige nicht Grund ihrer selbst sind) auf denen Religionen entstehen, gleich und einheitlich sind (wenn das irgendwo so schien - mein Fehler) – wie käme eine solche Mannigfaltigkeit dann zusammen? Ich sage nur, dass es sehr wohl Gläubige gibt, die ohne ihren Glauben, denn die Auswertung des existentiellen Glauben ist nur für jede Existenz einzeln absolut, zu untergraben, Toleranz in der Sache zeigen können, ohne alles für SICH annehmen zu müssen.
Eine Verifikation und die Toleranz in der Sache sind zwei auf nicht gleicher Inhaltsebene liegende Formen. Man kann von sich aus betrachtet letzteres ohne ersteres unter einen Hut bringen. Wie gesagt, wenn ich sage, dass der Grund von Glaube gemeinsam ist, ist damit nicht der daraus resultierende Glaube Äquivalenz.
Zitat:
--> Das sollte kein Gottesbeweis sein, auch wenn es so klang. Ich bin der festen Überzeugung dass man Gott nicht beweisen kann ... genauso wenig wie seine Nicht-Existenz...
Keine Frage – jeder Gottesbeweis, genauso aber jeder A-Gottesbeweis scheitert. Das steht für mich seit Kants Antinomien fest.
Ich finde diejenigen, die irgendwas auf rationaler Ebene als Gegen-Gottesbeweis bringen wollen, für unglaubwürdig. Ich begründe meinen „Nicht-Glauben“ auf die Art und Weise wie Camus es im Mythos des Sisyphos mit dem Sinn des Lebens gemacht hat:
Ich weiß nicht, ob es einen Gott gibt – ich habe ihn de facto bis jetzt noch nicht erfahren. Und ich kann lediglich in meinem Mensch-sein erfahren – ein damit hypothetischer Gott der außerhalb meiner Erfahrung und meiner Selbst liegt, bedeutet für mich rein gar nichts.
Zitat:
'Meine' Wahrheit ist nicht mehr als reine Subjektivität, als Wahrheitsempfindung, als Interpretation, als Kommentar, als Einschätzung der eigentlichen "Ding-heit des Dings".
Das ist falsch, wenn du die Begriffe abwertend meinst. Denn das würde heißen, innerhalb einer Illusion zu argumentieren. Es ist nicht ein Ding-an-sich wie es Kant formulierte – etwas dahinter Liegendes, Ungreifbares, Unvorstellbares. Dann wäre alles NUR Wahrheitsempfindung, NUR Interpretation, NUR Kommentar, NUR Einschätzung. Aber diese Position gibt es für mich nicht, jede Wahrnehmung ist absolut und vollkommen – keine minderwertiger als die 5,9… Milliarden anderen. Das Sein ist die Seiendheit des Seienden. Es ist sowohl gleichzeitig Enthüllung als auch nicht, da es Grundlage der Enthüllung ist.
Sobald ich sage, meine Empfindung ist ja NUR Einschätzung, NUR Kommentar etc., heißt es, dass ich mir ein absolutes, REINES An-sich dahinter vorstelle, das vollständig das Sein ist und alles andere nicht; wieder die Idee, dass es als reines Objekt NUR so zu sehen wäre, hätten wir die Möglichkeit – das sehe ich nicht so. Es ist für mich ein illusionärer Versuch sich als Bewusstsein von seinem Bewusstsein-Sein zu distanzieren und sich als über allem losgelöst zu konstituieren, dabei vergessend, dass wieder alles „nur“ Enthüllung ist, die wieder gleichzeitig das Sein ist aber gleichzeitig auch nicht. Für mich ist das Wesen des Phänomens ERSCHEINEN (wohlgemerkt nicht ERSCHEINUNG). Wie Sartre schreibt: „es ist Sein-zum-Enthüllen“.
Wie oben geschrieben, die lange Antwort auf deine Frage, kommt heute Abend oder am Wochenende.