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El-P – I’ll Sleep When You’re Dead

El-P schläft nicht. Schon lange nicht mehr. Hmm, eigentlich: Hat er je geschlafen? Wohl nicht. Aber ob wir, die Hörer, wirklich tot sind oder nur konsumverseuchte, emotionslose Zombies, Roboter in der sogenannten Leistungsgesellschaft – das müssen wir wohl selber mit uns ausmachen. El-P jedenfalls denkt wir seien es. Und seine Musik spricht Bände. Also ein frostig metallenes, aber reales “Herzlich Willkommen!” zu “I’ll Sleep When You’re Dead”, dem zweiten großen Soloentwurf aus El-Ps Dreck, Smog und alles deformierende Strahlung ausstoßender Wunderfabrik.

Dieses Opus Magnum ist erneut als konsequente Weiterführung seiner bisherigen Arbeiten zu verstehen. Will also heissen: Der Mann hat die Zeitmaschine erfunden, shoppt sich den Noise aus dem Jahr 1988 von Public Enemy, dazu noch die rawe B-Boy-Breaks Beatästhetik (es lebe die Alliteration!) und schifft das ganze in Richtung Dystopia anno ein paar sehr viele Jahre weiter in die Zukunft um das Paket noch reichlich mit schrägen Electrosounds und mehr Special- FX als die Herr der Ringe und Star Wars Filme zusammen anzufetten. In eine Zeit, in der die Kunst der Samples, sowie die Samples selber wie Fossilien aus einer längst vergangenen Zeit ausgegraben werden, sie jedoch nicht mehr anatomisch korrekt zusammengesetzt werden wie noch einst bei den Dinos. Soundchaos, bei dem man sich fragt ob El-P noch Herr der Lage war oder ob sich die Produktion schon verselbstständigt hat wie Skynet. Hier können nämlich die Beats morphen wie der fucking T- 1000 und sie sind nicht zum Scherzen aufgelegt! Drumpatterns und Sounds gehen eine Allianz der nuklearen Soundguerilla ein und überfallen den Hörer aus dem Hinterhalt, unvorgesehen, absolut unberechenbar. Und komplexe Break-Rhythmen klingen so, als hätte sie ein professioneller Steptänzer persönlich, nun ja, eingsteppt.

Es gilt also wie schon beim Vorgänger: El-P kann noch so erbittert auf höchstem Level Feuer spucken wie er will, er wäre nur eine von vielen supertalentierten Raphoffnungen wenn die Beats nicht so famos wären. Aber das ist keines Falls negativ zu verstehen, El-P bleibt weiterhin ein sehr starker MC mit wieder größtenteils hitzig vorgetragenem Rap und diesmal variableren Flow. Aber die Produktion macht ihn letztendlich absolut einzigartig im HipHop der ganzen Welt, tat es schon immer, schon zu Company Flow Zeiten.

Seit der letzten großen Ost-Rapära, namentlich “Mid-90s-BoomBap”, gab es wohl kaum eine Musik welche die Klaustrophobie, den Schmutz der Strasse und den ewigen Beton der Großstädte besser reflektierte und dabei aufzuzeigen vermochte, wohin uns der Fortschritt bringen wird als die Musik von El-P. Seine Musik ist somit das Konterfei jeder urbanen Umgebung, in der Verkehr, Gestank und Lärm sich als wahres Manifest von Entwicklung herausstellen. “Without chaos nothing evolves!”, meinte Kollege Ill Bill erst vor Kurzem. Das hier ist Chaos hoch 10. Und dabei sowas von straight Hiphop, dass es jedem sogenannten Realkeeper und wannabe P.I.M.P slash Gangster im Herzen wehtun und ihn in seinen Grundfesten erschüttern müsste. Tracks wie “Up all Night” oder “EMG” müssten mit ziemlicher Sicherheit schon jetzt Dauerbrenner bei jeder B-Boy Battle Cypher sein. Und dank runtergeschraubter Spielzeit knallt das Teil in seiner Gesamtheit noch viel wuchtiger, zwingender und kohärenter rein als sein Vorgänger. Ehe man realisieren kann wie einem wird, muss die Repeattaste herhalten damit man alles auch nochmal schön abarbeiten kann…und man wird es nicht schaffen.

Ob El-P hiermit ein weiterer Klassiker gelungen ist wird allein die Zeit zeigen. Aber eins ist gewiss: Er ist schon jetzt seiner Zeit voraus. Vielleicht werden die Menschen ihn irgendwann mal begreifen…vielleicht im Jahre 3030. Nun denn, bis dahin lass ich mich einfrieren und werde “I’ll Sleep When You’re Dead” in meiner Hyperschlafkammer auf Endlosschleife laufen lassen. Grüße an Fry aus Futurama der in den 1000 Jahren, die er verpennt hat, nicht den passenden Soundtrack dabei hatte. Hier wäre er.

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