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Emcee Cooler – $canda-Lu$t

Wild und ungestüm toben die Beats, Schüsse fallen, Menschen schreien und doch kontrolliert Emcee Cooler das Chaos mit geradezu erschreckender Leichtigkeit. Mit glasklarer, eiskalter Stimme und übermäßig gewaltverherrlichenden Inhalten hat der damals in Florida aktive Rapper nicht nur eine der härtesten Rapscheiben überhaupt geschaffen – auch konzeptionell steht das fein ausgetüftelte Album ohne Vergleich da. Auf dem Cover als “the first audio virtual reality soundtrack” angekündigt, beginnt die Geschichte von “Scanda-Lu$t” damit, dass die Cops Cooler hochnehmen wollen, als er auf den Straßen von Fort Wayne/Indiana Drogen aus dem Kofferraum verkauft. Unserem Protagonisten gelingt die Flucht und schon im ersten Song beginnt das große Sterben: Soundeffekte ohne Ende sorgen dafür, dass ich mir den Typ mit der rabiaten Visage – schaut euch das Cover an – äußerst gut in Aktion vorstellen kann.

Es folgen Shootouts mit den Mitgliedern einer Kirche, die hinter der frommen Fassade einen regen Crackhandel betreiben und Cooler fast zu Tode foltern, bevor ihm auch hier die Flucht gelingt. Auch die Ex-Freundin bekommt ihr Fett weg: im vielsagend betitelten “U Gotta Die 2 Nite” setzt es minutiöse Beschreibungen sadistischer Gewaltakte am laufenden Band, Prügel, Folter und sogar Vergewaltigung – zum bösen Schluss wird die Leiche im Ohio River versenkt. Die atemberaubende Intensität mit der uns dieser Psychopath seine Untaten zum Besten gibt, lässt den Hörer gebannt am Lautsprecher hängen – begierig zu erfahren, was er wohl noch so alles anstellt, bis er verhaftet und ihm der Prozess gemacht wird: angesichts der zahlreichen Opfer und der Perversion der kalt ausgeführten Morde droht der Tod auf dem elektrischen Stuhl. In “The Trial”, wird uns der Prozess geschildert, den Cooler nicht so ganz mitbekommt, weil er sich in Tagträumerei verliert – klar, dass er sich vorstellt, wie er den ganzen Saal dahinschlachtet: “I’ma kill every cracker on the premises / murder all the hostages / slaughter all the witnesses”. Die Beats zu diesen Ungeheuerlichkeiten sind hart, aggressiv und schnell, eine hämmernde Piano-Line verleiht den Schilderungen zusätzliche Schlagkraft.

Nach dem gänsehauterregenden “The Execution”-Skit dann der Cut. Statt mörderischer Drive-By-Beats in “Ride Out 2 Tha Hide Out” auf einmal ruhig gestimmter, smoother Sound: die Geschichte einer Flucht durch Amerika. Doch: Unkraut vergeht nicht, will heißen: an bitterbösen Reimen fehlt es auch dem zweiten Teil der Platte nicht. “Pimpology” ist eine einzige Frauenfeindlichkeit, nicht viel besser geht es in “1st Annual Cooler Convention” zu. Die Beats haben jetzt doch deutlich an Tempo verloren, sind lange nicht mehr so aggressiv wie zu Beginn, auch sonst hat man seine Mittel sparsam eingesetzt, langsame Streicher und sphärisches Geschnipsel bestimmen das Geschehen. Unter dem Strich gilt: “Scanda-Lu$t” ist ein absolutes Ausnahme-Album, mit dem sich Emcee Cooler 1995 ein kleines musikalisches Denkmal geschaffen hat. Eine Scheibe von solch viehischer Rohheit, dass es eine wahre Freude ist. Scanda-Lu$t. Nomen est omen.

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